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Biografie / Erinnerungen Einführung

Josef Nauer, Sohn einer Bauernfamilie auf der Schwäbegg im schwyzerischen Freienbach, wuchs in einer Familie -> mit acht Geschwistern auf, war mit der Künstlerin Angelika Nauer-Ledergerber (1924-1997) aus Gossau SG -> verheiratet. Die Familie wohnte im Oechsli 13 in Freienbach und hatte zwei Töchter, Ruth und Angelika. Er richtete in einem ehemaligen Stall – im Gädeli – -> sein Atelier ein und arbeitete ab 1950 an diesem Ort.

 

Er wirkte «unheimlich bescheiden» [1], ging durch ein «entbehrungsreiche Schule der Bildhauerei wie des Lebens» [2], war jedoch in künstlerischen Dingen unerbittlich: bei der Ausführung eines Werks machte er keine Konzession, setzte sich durch – manchmal auch gegen den Willen des Auftraggebers.


Zum Werdegang ->: Er genoss keine akademische [3], dafür eine grundsolide künstlerisch-handwerkliche Ausbildung. Zuerst fand er eine Lehrstelle in einer Werkstätte für Bau- und Möbelornamente. 1928 folgte der Besuch der Holzschnitz-Schule Warmbrunn -> in Niederschlesien. 1933 eignete er sich das Aktmodellieren an der Basler Kunstgewerbeschule an. Um 1935 erfolgte das Erlernen der Steinbildhauerei.

 

In der Zeit der Zweiten Weltkriegs entstanden seine ersten kirchlichen Arbeiten. Sein Vater stand ihm Modell für eine Statue aus Holz ->. Erste Hochreliefs aus (Sand-)Stein erweiterten sein Arbeitsfeld. Um 1944 erhielt er den Zuschlag für die Erstellung eines grossen Friedhof-Kreuzes [4] aus Bronze. Holz, Stein, Bronze – blieben seine bevorzugten Werkstoffe. Später kam Eisen hinzu. Da er das Schmiedehandwerk nicht kannte, liess er die entsprechenden Arbeiten – meist Kreuze – nach seinen Entwürfen von einem kongenialen Schmiedemeister [5] anfertigen.

 

Er pflegte eine besondere Haupttätigkeit: Er «beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit der Grabmalkunst und der Gestaltung von Friedhöfen. Sein [diesbezügliches] Schaffen war in der ganzen Schweiz und über die Landesgrenze hinaus gefragt und geachtet.» (6)


Er hat unzählige Skizzen, Entwürfe, Studien hinterlassen [7]. Darunter befindet sich ein Blatt mit dem handschriftlichen Vermerk «Barlach». Damit könnte Ernst Barlach (1870-1938) -> gemeint sein. Dessen bildnerisches Werk ist zwischen Realismus und Expressionismus angesiedelt. Eine Seelenverwandte von Ernst Barlach war Käthe Kollwitz ->. Die Arbeiten von Josef Nauer, die dem Prinzip der Zusammenfassung von Personen in Gruppen und Dreiecksformen frönen, scheinen Barlach und Kollwitz zu folgen.

 

Sein vielfältiges Schaffen lässt sich nicht eindeutig einer modernen Stilrichtung zuordnen. Er war weder Avant-Gardist noch Traditionalist. Er war mit der Kunstgeschichte sicherlich bestens vertraut. Er kannte viele Künstler persönlich – etwa Schang Hutter (1934-2021) ->. In der Bronze-Skulptur «Totentanz» (1954) setzen sich ausgezehrte Gestalten grotesk in Szene. Alberto Giacometti (1901-1966) -> suchte seine Skulpturen «bis auf die Knochen, bis zum Unzerstörbaren» [8] zu reduzieren. Ohne Alberto Giacometti sind Josef Nauers «Totentänzer» und Schang Hutters dünne Menschenfiguren undenkbar.

 

In seinem Spätwerk finden sich Arbeiten von aussergewöhnlicher Ausdrucksstärke. Da gibt es etwa eine Pietà [9], ein Meisterstück der Expressivität ->, das in der Nachfolge jener Künstler steht, die nach 1905 den Ausdruck der Gedanken- und Gefühlswelt als das elementare Gestaltungsmittel begriffen.


Josef Nauer bestritt etliche Ausstellungen ->, hielt Vorträge, nahm an Fachtagungen und Gesprächsrunden teil.

«Aus meinen Erinnerungen» [10] -> – mit diesem Text blickt er auf sein Leben als Künstler zurück.

[1] Martha Kümin-Jurt im Gespräch am 21. November 2023

[2] Norbert Lehmann: Josef Nauer, in: Die Kunstsammlung des Kantons Schwyz, Schwyzer Hefte 87, S. 45
[3] Der Künstler Georg Weber (1884–1978) von Tuggen SZ war als Landschaftsmaler der «ästhetische Betreuer» der Linthebene.

Er besuchte in München, wo er von 1904 bis 1911 weilte, die Kunstgewerbeschule und wurde nach ausgezeichneter Prüfung in

die königliche Kunstakademie aufgenommen. Er war wohl der einzige Schwyzer Künstler mit einer akademischen Ausbildung.
[4] Friedhof Lachen
[5] Hans Mehr (1931-2003): Lehre als Huf- und Wagenschmid, Arbeitsgebiete: Bauschlosserei und Kunstschmiedearbeiten

(Angaben von Hans Mehr jun./ 04.01.24)
[6] Inschrift auf Tafel bei der Josef-Nauer-Gedenkstätte, Friedhof Freienbach
[7] Werden im Archiv für Schweizer Landschaftsarchitektur in der Fachhochschule Rapperswil in 20 Ordnern auf-bewahrt

[8] Zitiert nach Michel Leiris, in: Gottlieb Leinz: Kunst und Askese, in: Christoph Brockhaus (Hrsg.): Museum und Kirche.

Religiöse Aspekte moderner Kunst, Wilhelm-Lehmbruck-Museum Duisburg, 15. April bis 20. Mai 1991, S. 35

[9] Darstellung Marias als Schmerzensmutter mit dem Leichnam des vom Kreuz abgenommenen Jesus Christus
[10] Der Bildhauer Josef Nauer, Schwyzer Hefte 38/1986

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